24.02.2022

EU: Reforminitiative für europäischen Verteidigungsmarkt

EU: Reforminitiative für europäischen Verteidigungsmarkt

Am 15. Februar 2022 präsentierte die EU-Kommission ihre Pläne zur Verbesserung der Verteidigung und Sicherheit in der Europäischen Union. Sie sehen Initiativen für gemeinsame Investitionen in Verteidigungsfähigkeiten, eine gemeinsame Beschaffung von in der EU entwickelten Technologien und eine Harmonisierung der Waffenausfuhrkontrolle vor.

Die Verteidigungsinitiative der Kommission, die sie am 15. Februar 2022 vorstellte, ist der jüngste Beitrag zum Strategischen Kompass für Sicherheit und Verteidigung in der EU. Die Kommission möchte das gesamte Spektrum an Herausforderungen im Bereich der Verteidigung angehen.

Verteidigungsmarkt

Die europäische Rüstungsindustrie und der Verteidigungsmarkt in der EU sollen stärker integriert und wettbewerbsfähiger werden. Um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Rüstungsindustrie zu verbessern, sollen die Mitgliedstaaten ihre Ausfuhrkontrolle im Bereich von Waffen und Dual-Use-Gütern harmonisieren. Insbesondere sollen sie Regeln schaffen, um sich nicht gegenseitig daran zu hindern, gemeinsam entwickelte Militärtechnologien und Militärgüter in Drittländer auszuführen. (Anm. So kam es etwa zwischen Deutschland und Frankreich zum Streit darüber, ob das Kampfflugzeug, dass sie gemeinsam entwickeln wollen, in Drittstaaten wie Saudi-Arabien ausgeführt werden darf. Frankreich hatte diesbezügliche Garantien von Deutschland gefordert.) Die Kommission wird zum Überblick den jährlichen Binnenmarktbericht um einen Abschnitt zu den Entwicklungen, Hindernissen und Chancen im Zusammenhang mit Projekten im Bereich der multinationalen Verteidigungsfähigkeiten erweitern.

Anreize für gemeinsame Beschaffung

Die Kommission will verschiedene Instrumente prüfen, die einen Anreiz für eine gemeinsame Beschaffung von in der EU entwickelten Verteidigungsfähigkeiten bieten. Zu den Instrumenten zählen zum Beispiel eine Befreiung von der Mehrwertsteuer oder neue Finanzierungsmodelle. Das wichtigste Instrument wird jedoch der neue Europäische Verteidigungsfond (EVF) sein.

1,9 Mrd. € Verteidigungsfond

Mit der Schaffung des Europäische Verteidigungsfonds (EVF) wird die EU auch selbst unmittelbar aktiv. Er soll bis Ende 2022 mit einem Volumen von 1,9 Mrd. Euro aufgebaut werden. Aus diesem Fond soll dann zentral in die Entwicklung von Verteidigungsfähigkeiten investiert werden und so groß angelegte Kooperationsprojekte angestoßen werden. Auch kleine innovative Projekte und Technologien sollen aus dem Fond gefördert werden. Durch eine Beteiligung an gemeinsamen Beschaffungs- und Forschungsvorhaben der Mitgliedstaaten sollen zudem Anreize für mehr Kooperation geschaffen werden.

Effizienter Ausbau der Verteidigungsfähigkeiten

Unter Verteidigungsfähigkeiten ist jedoch nicht nur eine Beschaffung von Hardware zu verstehen. Durch gemeinsame Einsätze und Kooperation im Bereich der Instandhaltung entstehen Synergieeffekte, wodurch effizienter gearbeitet und dadurch Kosten gespart werden können.

Forschung und Entwicklung

Ein weiteres großes Themenfeld ist die Forschung und Entwicklung. Die Kommission will Anreize schaffen, damit die Mitgliedstaaten bei der Investition in Forschung und Entwicklung von Verteidigungsfähigkeiten mehr kooperieren. Auf Ersuchen des Europäischen Rates vom 25./26. Februar 2021 hat die Kommission eine Roadmap (pdf) für kritische Technologien erarbeitet. Unter kritischer Technologie versteht die Kommission solche Technologie, die geeignet ist, den Wohlstand, die Sicherheit und die europäische Art des Zusammenlebens zu sichern.

Ziele des Fahrplans sind es, Forschung, technologische Entwicklung und Innovation anzukurbeln und die strategischen Abhängigkeiten der EU bei kritischen Technologien und Wertschöpfungsketten zu verringern. Zudem soll so die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Sicherheits- und Verteidigungssektors verbessert werden. Die Roadmap sieht konkret vor:

  • Die zivile und verteidigungsbezogene Forschung besser miteinander zu verzahnen, um Synergieeffekte zu erreichen. Dies betrifft insbesondere Dual-Use-Güter.
  • Die Einrichtung einer Beobachtungsstelle für kritische Technologien.
  • Dass auch die Mitgliedstaaten jeweils ein EU-weit koordiniertes Konzept für kritische Technologien entwickeln.
  • Unterstützung von unternehmerischen Tätigkeiten im Bereich der kritischen Technologien durch Unterstützung bei der Finanzierung.
  • Ein gemeinsames EU-Investitionsprogramm mit der Europäischen Verteidigungsagentur.
  • Entwicklung von neuen Handelsinstrumenten der EU.

Durch all diese Maßnahmen möchte die Kommission die Durchführung größerer Projekte ermöglichen und die Kosten von Rüstungsvorhaben der Mitgliedstaaten begrenzen. Dies erhöht die militärische Mobilität, die Fähigkeiten der einzelnen Mitgliedstaaten und steigert somit die operative Einsatzfähigkeit der EU als Ganzes. Dabei soll auch der Einfluss auf den Klimawandel reflektiert werden.

MJ

Unsere Empfehlungen:

Dual-Use-Güter oder auch Güter mit doppeltem Verwendungszweck sind solche Güter, die sowohl zu zivilen als auch zu militärischen Zwecken genutzt werden können. Wegen der militärischen Nutzbarkeit unterliegen die Güter besonderen Regulierungen. Verstöße können zu hohen Strafen führen, weshalb eine gute Compliance und Sensibilität für das Thema besonders wichtig sind. Deswegen bieten Ihnen, falls Sie z.B. für die Material-Verwaltung in Forschungseinrichtungen zuständig oder verantwortlich und wenig mit aktuellen Ausfuhrformalitäten vertraut sind, unsere Experten praxisnahe Fortbildung hierzu an:

EU-Sanktionen und -Embargos

Webinare & Livestreams

Seminarübersicht 2022 - PDF

© 2024 HZA Hamburger Zollakademie